Geschichte
Bereits 1917 wurde dem amerikanischen Erfinder Melvin L. Severy ein Patent auf eine Flüssigkeitsreibkupplung gewährt. Allerdings gab es zu dieser Zeit nur dickflüssige Öle mineralischen Ursprungs, die für die Übertragung von hohen Drehmomenten ungeeignet sind. Denn einerseits vermindert sich deren innere Viskosität sehr stark bei Erwärmung und andererseits zeigen sich bei höheren Temperaturen Zersetzungserscheinungen.
Erst die Wunder der modernen Chemie verhalfen der Idee zum Durchbruch. Durch die synthetische Herstellbarkeit von Silikonöl war erstmals ein Fluid verfügbar, dass zugleich hochtemperaturstabil ist und nur eine geringe Viskositätsverminderung bei Erwärmung aufweist. Dabei ist die Verwendung von Silikonöl bestenfalls ein guter Kompromiss, da dessen strukturviskoses Verhalten prinzip/bedingt unerwünscht ist.
Mit wachsender Differenzdrehzahl (Schergeschwindigkeit) zeigt sich somit eine scheinbare Viskositätsverminderung, der eine degressive Zunahme des übertragbaren Antriebsmoments folgt. Das gegenteilige Verhalten wird als dilatant beschrieben und wäre für die Anwendung in einer Visco-Kupplung ideal, allerdings sind keine dilatanten Reibfluide bekannt die sich unter den spezifischen Belastungen in einer Visco-Kupplung chemisch ähnlich stabil verhalten wie Silikonöl.
So wurde die Grundidee in den 70er Jahren von "Harry Ferguson Developments" wieder aufgegriffen und die moderne Visco-Kupplung mit Silikonöl als Übertragungsmedium geboren. Im Kraftfahrzeugbereich wurde die Visco-Kupplung vorerst vor Allem als Wandlergruppe, Schwingungsdämpfer und zum temperaturgesteuerten Antrieb von Kühlerlüftern benutzt. Anfang der 80er Jahre fanden sich nach intensiver Entwicklungsarbeit neue Einsatzzwecke für Allradfahrzeuge:
Visco-Sperre:
Differenzdrehzahlfühlende Differentialsperre
Visco-Transmission:
Mittendifferential und Sperre zwischen Vorder- und Hinterachse
Das erste serienmäßige Fahrzeug mit einer Visco-Transmission war übrigens nicht der VW-T3 Syncro, sondern der amerikanische AMC Eagle, der als Vorläufer der heutigen SUVs gilt und von 1979 - 1987 produziert wurde.
Funktionsweise
Das freie Innenvolumen der Visco-Kupplung ist zu circa 90 % mit hochviskosem Silikonöl gefüllt.
Als Eingangsgröße für das übertragbare Antriebsmoment dient der Visco-Kupplung ausschließlich die variable Differenzdrehzahl zwischen den Achsen. Für das Übertragungsverhalten muss grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Modi unterschieden werden. Prinzipiell durchläuft eine Visco-Kupplung zuerst den "Viskose-Modus" und kann bei fortdauernder Belastung anschließend in den so genannten "Hump-Modus" wechseln.
Viskosemodus:
Flüssigkeitsreibung
Sobald Außen- und Innenlamellen sich unterschiedlich schnell drehen, entsteht in den Molekülen des Silikonöls infolge der Kohäsion eine innere Reibung, die versucht die Differenzdrehzahl zwischen den Lamellen wieder aufzuheben. Dabei unterliegt das Silikonöl an den Bohrungen und Schlitzen der sich gegeneinander drehenden Lamellen zusätzlichen Scherkräften.
Da Silikonöle den strukturviskosen Fluiden zugerechnet werden, bei denen die Viskosität mit wachsender Scherbelastung sinkt, ergibt sich ein degressives Übertragungsverhalten für das Antriebsmoment. Das übertragbare Moment ist im Wesentlichen von der momentanen Viskosität des Silikonöls und der Geometrie des Lamellenpakets abhängig. Die momentane Viskosität ergibt sich wiederum aus der Basis-Viskosität, der Temperatur und der Scherbelastung.
Humpmodus:
Festkörperreibung
Durch die innere Reibung im Viskose-Modus erwärmt sich das Silikonöl. Da Silikonöle eine hohe Wärmeausdehnung (circa das 40-fache von Aluminium) aufweisen, steigt der Innendruck in der hermetisch abgeschlossenen Visco-Kupplung. Dabei bedingt vor Allem der Füllgrad (z.B. 90 %) der Visco-Kupplung die Schnelligkeit des Druckanstiegs. Bei anhaltender Differenzdrehzahl wird die enthaltene Luft somit immer stärker komprimiert und geht mit dem Silikonöl in Lösung bis ein effektiver Füllgrad von 100 % erreicht wird. Der Innendruck steigt in diesem Zustand sprungartig an, und würde bei einer weiteren Energiezufuhr zur Zerstörung der Visco-Kupplung führen, da diese auf einen maximalen Innendruck von circa 100 bar ausgelegt ist. Hier kommt die Visco-Kupplung in den Hump-Modus. Der Hump-Effekt wurde früher gelegentlich als dilatantes Verhalten des Silikonöls beschrieben, doch der Hump-Effekt hat nichts mit plötzlichen Viskositätssprüngen zu tun, denn Silikonöl ist das Gegenteil von dilatant, nämlich strukturviskos.
Werden die Spalte zu eng, dann reißt der Silikonfilm und es kommt zur mechanischen Reibung zwischen den Lamellen. Aufgrund dessen erhöht sich schlagartig das übertragene Drehmoment, wodurch die Differenzdrehzahl in der Visco-Kupplung rasch sinkt. In der Fahrpraxis bedeutet dieser Momentenanstieg, dass sich ein hängengebliebenes Fahrzeug nun entweder befreien kann oder dass der Motor abstirbt. Die Temperatur fällt und die Visco-Kupplung wechselt wieder in den Viskose-Modus. Der Hump-Modus ist zur kurzzeitigen Traktionserhöhung in Extremsituationen gedacht und gleichzeitig konstruktiver Selbstschutz der Kupplung vor Überhitzung.
Mängel der T3 Visco
Bei der überwiegenden Mehrheit der alten T3-Viscos zeigt sich beim Prüflauf vor der Überholung das gleiche Bild:
Das einer extremen Verhärtung:
Die so oft anzutreffenden "extreme Verhärtung" der T3-Visco ist allerdings keine Alterungserscheinung sondern ein Konstruktionsfehler. Denn diese spezifische, extreme Verhärtung der T3-Visco tritt nur auf, wenn die Visco-Kupplung Getriebeöl aus dem vorderen Verteilergetriebe gesaugt hat. Das Problem des "Ölsaugens" war bei Steyr-Daimler-Puch Fahrzeugtechnik (SDP) Ende der 1980er Jahre bemerkt worden, weshalb es auch in einer eigenen Diplomarbeit untersucht wurde.
Die bemerkenswerte Erkenntnis: Bei winterlichen Außentemperaturen bildet sich aufgrund der hohen Wärmeausdehnung des Silikonöls ein statischer Unterdruck in der Visco-Kupplung, der beim Anfahrvorgang verstärkt wird. Durch diesen Unterdruck saugt die Visco-Kupplung während der Kaltlaufphase portionsweise Getriebeöl ein und geht nach und nach kaputt. Dieses Problem ist unabhängig von der Laufleistung. Im Kurzstreckenbetrieb kann bereits nach 2000 km eine extreme Verhärtung der Visco-Kupplung auftreten. Das Ergebnis der Untersuchung kam jedoch im Sommer 1990 reichlich spät. Letztlich wurden seitens SDP keinerlei Versuche mehr unternommen den Mangel zu beheben.
Testaufbau:
Ein simpler Testaufbau mit einem Manometer zeigt die Virulenz des Mangels.Unser Ansatz:
Um das unterdruckbedingte "Öl-Saugen" zu verhindern, erfolgt die Befüllung der Visco-Kupplung über ein Spezialventil.Im Vergleich zur damaligen SDP Werksabstimmung wird eine andere Füllmenge und eine angepasste Viskosität benötigt. Mit einem Prüfstand ist das Erarbeiten einer neuen Abstimmung jedoch eine lösbare Aufgabe.
Mängel der Golf Visco
Zu schwach für hohe Leistung
Die Visco-Kupplung des Golf Syncro ist prinzipiell relativ langlebig und robust. Die Problemfelder überschneiden sich mit der vergleichbar aufgebauten Visco-Kupplung des T4 Syncro, allerdings stark abgeschwächt. Ein Handlungsbedarf ergibt sich zumeist aufgrund einer höheren Leistungssteigerung oder einem häufigen Einsatz im Gelände für den das Allrad-Konzept des Golfs nur bedingt ausgelegt wurde.Die Golf Visco-Kupplung ist mit 400 Nm @ 10 U/min praktisch gleich abgestimmt wie die Visco des T4 Syncro. Allerdings dreht sich die Kardanwelle des Golfs nicht schneller als dessen Antriebswellen, da der Winkeltrieb mit 21/20 Zähnen eine neutrale Übersetzung von 1,05 aufweist. Im Vergleich dreht sich die Kardanwelle des T4 fast doppelt so schnell, mit einer Übersetzung von 0,63 bei 17 zu 27 Zähnen. Dadurch kann die Visco-Kupplung des T4, im Vergleich zur Golf Visco, fast doppelt so viel Leistung (= Drehmoment x Drehzahl) übertragen. In gleicher Weise wurde übrigens der Antriebsstrang des Golf VR6-Syncro an die erhöhte Motorleistung des 6-Zylinders angepasst. Die Kardanwelle, und damit auch die Visco-Kupplung, dreht sich beim VR6-Syncro um circa 40% schneller (16/21) als die des herkömmlichen 4-Zylinder Golf Syncro. Die Anpassung an Motorleistung und Fahrzeuggewicht der unterschiedlichen VW-Syncro-Fahrzeuge wurde somit werkseitig nie über das Drehmoment, sondern über die Drehzahl der Visco-Kupplung vorgenommen.
Für leistungsgesteigerte Fahrzeug bieten wir eine sportlichere Abstimmung der Visco-Kupplung an, die wesentlich schneller reagiert als die Standard-Visco. Im FAQ-Bereich zur Golf Visco sind die 3 Varianten (Standard, Sport, Super-Sport) detailiert beschrieben um die Auswahl für das eigene Fahrzeug zu erleichtern.
Erhöhte Hump-Temperatur
Bei hartem Gelände-Einsatz wird die automatische Sperr-Funktion (Hump-Modus) wesentlich häufiger abgerufen. Die dabei auftretenden, hohen Temperaturspitzen bewirken einen vorzeitigen Verschleiß des Silikonöls. Als Folge davon steigt die Hump-Temperatur. Bei einer neuen Visco-Kupplung liegt die Hump-Temperatur bei ungefähr 40°C. Durch den Verschleiß kann diese durchaus auf 80°C und höher ansteigen.Deswegen legen wir die Hump-Temperatur der Visco-Kupplungen sorgfältig auf die untere Toleranzgrenze. Zusätzlich füllen wir die Visco-Kupplung mit Inert-Gas statt mit Umgebungsluft um die Temperaturbeständigkeit des Silikonöls zu steigern.
Rostige Wellenstummel
Nach über 30 Jahren ist der blanke Wellenstummel der Golf-Visco, der das Differential abdichtet, meist stark angegriffen. Denn durch die rauen Umweltbedingungen am Fahrzeug-Unterboden, neigt der Wellenstummel dazu Rost anzusetzen. Die Rostnarbe wandert schließlich irgendwann bis zu den Dichtlippen des Wellendichtrings am Differential, woraufhin eine meist unbemerkte Leckage des Getriebeöls einsetzt. Durch die drehende Bewegung der Visco-Kupplung und den dabei entstehenden Fliehkräften kommt es zudem nur bedingt zu einer leicht erkennbaren Tropfenbildung.
Zahlreiche Getriebeschäden am hinteren Differential nehmen hier ihren Anfang. Denn die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass dadurch beim Golf Syncro der Ölstand im hinteren Differential oft zu niedrig ist.
Wir beheben diesen Mangel, indem wir eine
SKF Speedi-Sleeve
Reparaturhülse aus Edelstahl auf den Wellenstummel aufpressen. Deren Oberfläche ist verschleißfest und drallfrei (0° ±0,05) bearbeitet, die Rauheit Ra liegt zwischen 0,25 und 0,5 μm. Die Reparaturhülse bietet damit eine vielfach bessere Gleitfläche für die Dichtlippen des Wellendichtrings als die ursprüngliche Originalgleitfläche auf der Welle.
Mängel der T4 Visco
Schwache Serienabstimmung
Die Visco Kupplung des T4 Syncro weist zwar (im Gegensatz zum T3 Syncro) keine Konstruktionsfehler auf, dafür ist diese jedoch in der Standard-Abstimmung im harten Geländeeinsatz oft überfordert.Die Werksabstimmung der Visco Kupplung mit circa 400 Nm bei 10 U/min ist zwar für Eis und Schnee in der Regel ausreichend, aber im schwierigen Gelände meist an der Grenze. Insbesondere bei leistungsgesteigerten und schweren Fahrzeugen dreht die Vorderachse dadurch unnötig lange durch, bevor sich die Hinterachse zuschaltet. Erfahrungsgemäß hat man sich dann schon festgefahren.
Deswegen bieten wir für schwere und leistungsgesteigerte Fahrzeug mit ABS auch eine sportlichere Abstimmung der Visco-Kupplung an, die dadurch wesentlich schneller reagiert als die Standard-Visco Kupplung. Im FAQ-Bereich zur T4 Visco sind die 3 Varianten (Standard, Sport, Super-Sport) detailiert beschrieben um die Auswahl für den eigenen Bus zu erleichtern.
Erhöhte Hump-Temperatur
Anders als bei der schnelllaufenden Visco-Kupplung des T3 Syncro, wird beim T4-Syncro die automatische Sperr-Funktion (Hump-Modus) im Gelände wesentlich häufiger abgerufen. Die dabei auftretenden, hohen Temperaturspitzen bewirken einen vorzeitigen Verschleiß des Silikonöls. Als Folge davon steigt die Hump-Temperatur. Bei einer neuen Visco-Kupplung liegt die Hump-Temperatur bei ungefähr 40°C. Durch den Verschleiß kann diese durchaus auf 80°C und höher ansteigen.Deswegen legen wir die Hump-Temperatur der T4- Visco-Kupplungen sorgfältig auf die untere Toleranzgrenze. Zusätzlich füllen wir die Visco-Kupplung mit Inert-Gas statt mit Umgebungsluft um die Temperaturbeständigkeit des Silikonöls zu steigern.
Rostige Wellenhülse
Der gravierendste Mangel betrifft die blanke, unscheinbare Wellenhülse am Stahldeckel der T4 Viscokupplung. Denn durch die rauen Umweltbedingungen am Fahrzeug-Unterboden, neigt die Wellenhülse dazu Rost anzusetzen. Die Rostnarbe wandert schließlich irgendwann bis zu den Dichtlippen des Wellendichtrings am Differential, woraufhin eine meist unbemerkte Leckage des Getriebeöls einsetzt. Durch die drehende Bewegung der Visco-Kupplung und den dabei entstehenden Fliehkräften kommt es zudem nur bedingt zu einer leicht erkennbaren Tropfenbildung.
Zahlreiche Getriebeschäden am hinteren Differential nehmen hier ihren Anfang. Denn die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass dadurch der Ölstand im hinteren Differential beim T4 Syncro fast immer zu niedrig ist. Teilweise liefen die Differentiale beinahe trocken.
Wir haben diesen Mangel behoben, indem wir die rostgefährdete Wellenhülse gegen eine eigens für uns angefertigte Wellenhülse aus rostfreien Edelstahl ersetzen. Die Oberfläche der Wellenhülse ist zusätzlich drallfrei geschliffen und mittels eines Spezialverfahrens gehärtet um einen verschleißfreien Lauf zu gewährleisten.
Lebensdauer
Steyr-Daimler-Puch Fahrzeugtechnik hat in einer eigenen Diplomarbeit die Standfestigkeit der T3-Viscokupplung unter vorgegebene Betriebsbedingungen untersuchen lassen. Die Untersuchungen ergaben eine deutliche Abhängigkeit der Visco-Kupplungs-Lebensdauer von der Differenzdrehzahl, der Verlustleistung und der Höhe des Hump-Moments. Grundsätzlich muss allerdings nach zwei getrennten Lebensdauer-Kategorien unterschieden werden:
Viskoser Dauerlauf
Die Lebensdauer der Visco-Kupplung im ViskoseModus (Flüssigkeitsreibung) hängt zum Großteil von der Verschleißfestigkeit des Silikonöls ab, da sich die Alterung des Silikonöls in einer schleichenden Verhärtung der Visco-Kupplung manifestiert. Somit bewirkt die Zähigkeitszunahme des Öls durch die Oxidation des Luftsauerstoffs eine Erhöhung des übertragenen Drehmoments über die Laufzeit.Dieses Verhalten kann jedoch nur bei Visco Kupplungen beobachtet werden, deren Gasblase aus herkömmlicher Umgebungsluft besteht.
Unsere Visco-Kupplungen werden ausschließlich mit Inert-Gas gefüllt. Dadurch wird verhindert, dass das Silikonöl durch die Einwirkung des Luftsauerstoffs allmählich eindickt.
Hump Zyklenfestigkeit
Im Hump unterliegen die Lamellen verschleißintensiven mechanischen und thermischen Beanspruchungen. Ab einem gewissen Verschleiß verlieren die Lamellen die Fähigkeit zur Hump-Auslösung. Das zum Selbstschutz notwendige Hump-Moment kann dann nicht mehr erreicht werden. Dies kann dann zu einer Überhitzung der Kupplung führen, wobei der Innendruck unaufhaltsam ansteigt.Bei der Visco-Kupplung des T3-Syncro wölbt sich dabei der Stahldeckel, bevor die Dichtringe versagen und die Visco-Kupplung ausläuft. Beim T4-Syncro wölbt sich zuerst auch der Stahldeckel, danach reißt aber in der Regel das Alu-Gehäuse auf. In beiden Fällen müssen zumindest die schadhaften Lamellen ersetzt werden.
Weiterführende Informationen zur Lebensdauer
Viskoser Dauerlauf - Zähigkeitszunahme
Viskoser Dauerlauf - Lebensdauerkurve
Hump - Lebensdauer