Nach hart kommt leer

Es wurde zwar schon öfters vermutet, aber jetzt ist uns erstmal ein Exemplar untergekommen das sich (im vermutlich sehr kurzem) Übergangsstadium befindet.

Aber beginnen wir von vorne:

Ein Kunde brachte uns eine alte Visco unbekannten Zustands zum Testen. Bei der ersten optischen Begutachtung meinte ich zu dem Syncro-Piloten, dass wir uns den Testlauf am Prüfstand eigentlich sparen können, da bereits Fragmente des oberen X-Ring aus der Schmierbohrung der Nabe raushängen. Ich versicherte ihm, dass die Visco ausgelaufen sei und nur mehr an die 50Nm Reibmoment erreichen würde.

Beim Prüflauf kam dann aber die große Überraschung: Die Visco zeigte sich nicht als ausgelaufen, sondern verhärtet und hatte bereits ordentlich Öl gesaugt!

Nachdem ich dann sämtliche Viscos aus dem eigenen Bestand mit bereits offensichtlichen X-Ring schaden durchgetestet hatte, fand ich sogar noch ein zweites Exemplar. Diese Visco-Kupplung ist aber scheinbar schon in einem etwas vorangeschrittenem Stadium, da das erniedrigte Grundreibmoment darauf hinweist, dass bereits etwas Silikonöl ausgelaufen ist und die Visco bald gänzlich ihren Dienst versagen wird.

Erklärungsversuch: Vermutlich führt der ständige Hump-Druck (>10bar) bei den ölgesaugten Viscos dazu, dass der Gummi des X-Ring zu kriechen beginnt und langsam in die Spalt gedrückt wird. Dann wird er von der Schmierbohrung der Nabe langsam abgehobelt und kann die Visco nicht mehr abdichten.

In kurz: Nach fest kommt ab, oder besser: Nach hart kommt leer.

„Ölsaugen“ bei der T3-Visco – rein konstruktives Problem

Unlängst habe ich einen weiteren Puzzle-Stein zu der rätselhaften Thematik des Ölsaugens bei der T3-Visco entdeckt. Meiner Überzeugung nach, handelt es sich dabei um ein konstruktives Problem, wobei die extrem hohe Wärmeausdehnung des Silikonöls bei winterlichen Temperaturen das Problem verursacht. Demnach müsste das Problem weiterhin bestehen und auch bei neu überholten T3-Viscos auftauchen. Genau ein solches Beweisstück ist mir jetzt ins Netz gegangen, aber beginnen wir von vorne…

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Test einer „Backofen-Visco“ #2

Da eine einzige getestete Backofen-Visco als Prüfumfang nicht besonders stichhaltig ist (auch wenn die damals getestete Visco eine extreme Abweichung aufwies) und ich selbst neugierig war, habe  ich mich breitschlagen lassen und erneut eine Backofen-Visco getestet.

Die bereitgestellte Visco kam diesmal aus dem deutschen Nachbarland und wurde mit einer hohen 60K Viskosität bei der unteren Hump-Grenztemperatur von 120°C gebacken

60K Visco
60K „Backofen Visco“

60K VC Testing
Erster Testlauf

Mir war bereits nach der ersten Minute des Testlaufs klar, dass die Backofen-Visco stark unterfüllt ist, da die Kurve für eine 60K-Viskosität viel zu tief liegt. Die Luft in der Visco mischt sich nämlich durch die Differenzdrehzahl als kleine Luftbläschen in das Silikonöl und bewirkt sogenannte „Störstellen“. Ich vergleiche es immer mit der Perforierung von Briefmarken, an denen man das Papier leichter durchreißen kann.

Mehr Luft = mehr Störstellen = scheinbar verringerte Viskosität.

Bei 135°C schaltet der Prüfstand als Sicherheitseinrichtung automatisch ab. Daher wurde nach einer kurzen Abkühlphase ein weiterer Testlauf mit erhöhter Abschalttemperatur vorgenommen. 155°C war das Äußerste was ich den Viton Dichtringen zumuten konnte – aber auch hier zeigten sich keine Anzeichen einer Humptendenz.

Testlauf #1 (135°C)
Testlauf #1 (135°C)

Teslauf #2 (155°c)
Teslauf #2 (155°c)

Um zu verifizieren wieviel Silikonöl tatsächlich fehlt, wurde die Backofen-Visco mittels 12,5K Silikonöl nachabgestimmt. Insgesamt waren 20,3g (!) Silikonöl notwendig um die Visco-Kupplung auf die gewünschte Hump-Temperatur von 120°C zu bringen. Zwei Gramm Silikonöl steigern die Hump-Temperatur um ca. 8°C. Somit wäre die Backofen-Visco ohne Nachbehandlung theoretisch erst bei ca. 200°C  in den Hump gekommen. Theoretisch deswegen, weil praktisch längst die X-Ringe noch vor 200°C versagt hätten und die Visco im harten Offroad-Einsatz ihr Leben und das Silikonöl ausgehaucht hätte.

20,3g Silikonöl nachgefüllt
+20,3g Silikonöl

Testlauf #3
Testlauf #3

Resüme:

Weshalb die Backofen-Visco Methode trotz ihrer bestechenden Einfachheit nicht funktionieren kann, habe ich bereits im ersten Beitrag über die Backofen-Methode versucht zu ergründen.

Mit einfachen Erklärungen ist es eben meist wie mit einfachen Parolen: Sie werden auch ohne großes Hintergrundwissen sofort „verstanden“, dennoch ist die reale Welt meist ein wenig komplizierter.

Zum Hump:

Die getestete Backofen-Visco hätte auch ohne Nachabstimmung in einem Straßen-Syncro problemlos ihren Dienst getan. Selbst moderate Geländeeinsatz sollten damit möglich sein, da der Hump nur als konstruktiver Selbstschutz zur Traktionserhöhung in Extremsituationen gedacht ist: Typischerweise dann, wenn man sich mit der Hinterachse in schwierigem Terrain festgefahren hat. Dann sollte man tunlichst nicht der Versuchung nachgeben sich selbst zu befreien, sondern auf Hilfe warten.