Weiterentwicklung der Visco-Werkstatt: Co2-Visco

Nachdem die Visco nun dank dem Spezialventil nicht mehr den vorzeitigen Kindstod stirbt, haben wir uns überlegt wie man die Visco noch besser machen kann. Und ganz klar, jetzt muss es darum gehen wie das Kind auch das Erwachsenenalter erreicht – also die Lebensdauer der Visco erhöht wird.

Denn das Silikonöl in der Visco Kupplung ist einem Alterungsprozess unterworfen. Schlecht sind hier vor allem dauerhaft hohe Temperaturen (unterschiedliche Reifenumfänge, hohe Reisegeschwindigkeit usw..).

Mit einem ZA/AA kann man natürlich den Alterungsprozess mildern, indem man die Visco abschaltet und damit schont – aber HAT nicht jeder/ MAG nicht jeder/ GEHT nicht immer. Ich selbst habe z.B. vor kurzem einige Zeit im Ausland verbracht, in einer Region wo es praktisch jeden Tag einmal geregnet hat. Und wenn die Straße (Autobahn, Schnellstraße) feucht und rutschig ist, dann fahr ich einfach Allrad- auch mit 110km/h. Punkt.

Den Alterungsprozess konnten wird durch Testfahrten bisweilen relativ gut dokumentieren. Dabei haben wir ein Setting gewählt dass einem Missbrauchtest sehr nahe kommt:

  • 2mm unterschiedlicher Reifenumfang
  • maximale Reisegeschwindigkeit (110km/h)
  • Offroaden im Sand

Als Ergebnis hat sich nach ca. 10tkm diese Alterung/Verhärtung eingestellt:

Alterung Visco-Kupplung nach 10tkm

Man sieht deutlich die Viskositätszunahme und auch die Erhöhung der Humptemperatur (hellblaue Kurve). Deswegen sind unsere Kurven auch immer an die untere Toleranzkurve / Humptemperatur angelehnt um die Lebensdauer besser auszuschöpfen. Der Prozess verlangsamt sich zwar, aber nach 100-150 tkm sieht eine VC dann so aus:

VC 300tkm

Man muss aber auch sagen dass so eine „gereifte“ Visco noch problemlos ihren Dienst tut (kein Verspannen nach der Autobahn, keine Bocksprünge beim Abbiegen usw. – diese Probleme kommen ausschließlich vom Ölsaugen), aber den Syncro damit in eine Parklücke zu rangieren ist schon sehr mühsam ohne ZA/AA. Die Viskosität des derat gealterten Silkonöls in der VC würde ca. 60.000 entsprechen.

Idee zur Verbesserung:

Jedenfalls haben wir die letzten Monate recherchiert ob, und wie man diese schleichende Viskositätszunahme verhindern/verlangsamen kann. Erste Hinweise liefert dazu bereits die bekannte Dissertation von Peschke indem er schreibt, dass „inerte Gase“ statt einer Füllung mit Luft eine Oxidation (=Eindickung) verhindern können. Zwar sei bei der Anwesenheit von inerten Gasen sogar eine Viskositätsabnahme beobachtet worden, das aber nur bei sehr hohen (400-500°C) Temperaturen.

Peschke_27

Und auch der Silikon-Öl Hersteller Wacker schreibt in seiner Informations-Broschüre, dass durch „inerte Gase“ die Temperaturbeständigkeit des Silikonöls gesteigert werden kann.

Wacker_AK_inert

Praktische Umsetzung

Die Stoßrichtung ist somit klar – der Luft-Sauerstoff muss aus der Visco raus und inerte Gase (Co2, Stickstoff) müssen rein. Deswegen haben wir ein Labor-Set für Vakuum-Versuche angeschafft um erstmal die gelöste Luft aus dem Silikonöl zu bekommen. Ein kurzes Video von diesem Versuch haben wir bereits an anderer Stelle gepostet. Sehr erstaunlich wieviel Luft das honigartige Silikonöl lösen kann – rein rechnerisch macht die gelöste Luft im Silikonöl mehr aus, als das freie (Luft-) Volumen (ca 30cm³) in der Visco-Kupplung.

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Das Entgasen ist leider eine sehr langwierige Angelegenheit und dauert (über mehrere Etappen) an die 48 Stunden! – Sonst lösen sich immer wieder Gasblasen die bei der letzte Etappe zu Problemen (Auswurf) führen. Als inertes Gas haben wir wegen der einfacheren Verfügbarkeit vorerst Co2 gewählt.

Bei Dauerläufen am Prüfstand hat sich bereits gezeigt, dass die C02-Viscos den Luft-Viscos punkto Alterung wesentlich überlegen sind – trotzdem wollten wir noch den realen Test über 10tkm (gleiche Rahmenbedingungen) abwarten.

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Nach dem Ausbau der Visco wurde diese dann unverzüglich getest:

BILD-NEU

RESÜME: Wie man sieht – kein Vergleich zu herkömmlich Luft-Visco. Der Alterungsprozess ist durch die Co2-Füllung nach 10tkm praktisch nicht erkennbar – und das bei ständiger Differenzdrehzahl durch die ungleich abgefahrenen Reifen! Seitdem wird jede Visco-Kupplung bei uns standardmäßig mit Inert-Gas befüllt.

UPDATE 2020:

Ein Syncro-Fahrer aus dem gebirgigen Vorarlberg hat unsere Co2-Visco einem Langzeittest von 2016- 2020 unterzogen.

Wir wurden damals im Sommer 2016 kontaktiert, nachdem der Syncro-Fahrer leider eine defekte Visco nach nur 10tkm mit einem Konkurrenzprodukt zu beklagen hatte. Eigentlich war zunächst gewünscht, dass wir nur die Rolle eines Gutachters einnehmen, denn der Landsmann hatte den Glauben an das Prinzip der Visco-Kupplung verloren und dachte daran den Syncro auf einen ZA umzurüsten.

Wir konnten ihn aber davon überzeugen es noch einmal mit unserer verbesserten Co2-Visco zu probieren.

T3 Syncro – Hohe Tatra

Jetzt, nachdem unsere Visco-Kupplung in den 3,5 Jahren Korsika, Ligurien, die Hohe Tatra und die Ostsee unter den Rädern hatte, haben wir die Visco erneut am Prüfstand vermessen.

2016 (lila) / 2020 (blau)

Beim Kilometerstand von 18.600 konnten wir praktisch keinerlei Verschleiß messen!

Dabei bemerkte der Syncro-Fahrer noch nebenbei das Reifendrücke und Profiltiefen vielfach nicht gepasst hätten. Somit bestätigt sich das Ergebnis von 2016 bei dem die 10tkm damals innerhalb eines Jahres abgespult wurden.